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POLIT-SATIRE: DORNRÖSCHEN UND DIE DREI TAPFEREN ZWERGLEIN

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POLITSATIRE: DORNRÖSCHEN UND DIE DREI TAPFEREN ZWERGLEIN

von Meinhard Rüdenauer

Bildergebnis für politzwerge

Es ging die Sage im Land vom schönen schlafenden Dornröschen, denn so ward die Königstochter benannt, welche nach dem Tode ihres Vaters, des gutherzigen Königs, die Regentschaft übernehmen hätte sollen. Doch vom bösen Magier Grasserl von Schuesselrohe ist Dornröschen durch mehrere Stiche einer mit einer ordentlichen Dosis Glyphosat gefüllten Spritze, oder mit welch modischer Droge auch immer, infiziert und in einen tiefen Schlaf versenkt worden. Denn Schuesselrohe, einer der heimischen Lügenbarone, wollte alle Macht an sich reißen. Wollte verhindern, dass Dornröschen nun die Thronfolge antreten würde, um segensreich auf die Bedürfnisse und Nöte der Menschen im Lande einzugehen. Doch das gemeine Volk, aufgewirbelt und getragen von reinsten Empathien für die schöne Prinzessin, konnte bewirken, dass Dornröchen nach einigen Jahren nun aus ihrem Tiefschlaf erwachen wird.

In diesen Tagen entschlossen sich auch die sieben Zwerge, die in den hohen Bergen nach Erz hackten, ebenso aber auch alle Alpenwanderer freundlichst bedienten, sich auf den Weg zu machen, um nach neuem Lebensglück, nach einer feineren Lebenskultur zu suchen. Kultur, das ist das Wort gewesen, welches sie immer wieder aus fremden Munde gehört hatten – aber nicht so genau einzuschätzen wussten, was dies auch bedeuten könnte.

Den weitesten Weg vermochten die drei mutigsten, tapfersten der sieben kleinen Alpenländler zurückzulegen. Es waren deren gewaltigen Wortführer, nämlich Goldkurzchen, Silberkernchen und Rumpelstolz. Als sich die drei Zwerglein auf staubiger Landstraße der großen Stadt näherten, merkten sie aus der Ferne eine gewaltige Dornenhecke, welche die königliche Burg umhüllte.

Doch als sie dieses rauhe Gestrüpp zu durchdringen versuchten, waren es lauter große, schöne Blumen, und die taten sich von selbst auseinander. Denn die Stunde des Erwachens war für Dornröschen gekommen.

Und wie sie vor dem noch sanft schlummernden Dornröschen standen, wurden sie von deren Schönheit völlig überwältigt.
„Diese Schönheit, diese Königstochter, die muss ich besitzen“, Goldkurzchen dachte so. Silberkernchen dachte so. Rumpelstolz ebenso: „Ja, wenn ich sie in meinem Besitz bekommen würde, hätte ich alle Macht im Lande!“ Alle drei hüpften gleichzeitig auf das königliche Bettchen zu, um ihr auf den Mund zu küssen. Dornröschen schlug ihre Äuglein auf, wich mit ihrem Köpfchen zurück, hielt beide Hände vor ihr Gesicht und war völlig überrascht: „Nun, ihr Zwerge, wartet mal, ihr seid mir aber eigenartige Geschöpfe …. was versteckt ihr hinter eurem so aufdringlich freundlichem Lächeln?“ Goldkurzchen, Silberkernchen und Rumpelstolz waren sich  nun bewusst, dass sie sich von ihrer allerbesten Seite zeigen müssten. Doch wie sie sich nun gegenseitig in die Augen sahen, merkten sie, dass bei jedem von ihnen ein Glitzern begann, welches das Gieren nach der ganzen Macht im Lande verspüren ließ. Vorbei ist es nun mit der Zwergerlgemeinschaft gewesen.

Der eine versuchte den anderen schlecht zu  machen. Gestritten, gepoltert, verleumdet wurde. Dornröschen hatte ihre Zweifel, war sich schnell bewusst, dass hier so einiges aus dem rechten Lot geraten ist. Jedoch …. eine neuer Prinz muss her, um das Wirken und Treiben auf den Wiesen, Feldern und in den Bergen nicht so völlig verfallen zu lassen. Sie verspürte, dass ihr eine Macht gegeben war. Gegeben durch die Reinheit ihres Herzens. Vor allem aber durch die in blutigen Kämpfen bestätigte Historie ihres edlen Geschlechtes.

Sie sprang aus dem Bettchen, huschte eiligst in die Bibliothek, um in den alten Büchern auf den verstaubten Regalen hilfesuchend  nach den passenden wissenden Ratgebern zu stöbern. Da, Machiavellis ‘Il Principe‘, das politische Ringen um Macht? Nathan der Weise und seine Ringparabel? Eines der Königsdramen von Shakespeare? Doch nicht. Tolle Wahrheiten so – Jack Londons erdnahes ‚Wolfsblut‘ – oder so …. der erdenferne ‚Kleine Prinz‘?  Oder hier, ‚Das Kapital‘? Oder, hm, gar ….  Hitlers ‚Mein Kampf‘? Nein! Dornröschen riss sich zusammen, atmete aber gleich darauf erleichtert auf: „Halt, das klingt lustig, klingt bekannt!“ Kein Buch, sondern eine dicke Partitur hat sie entdeckt: „Die Fledermaus“. Schnell unter den Arm genommen, schnell zu den verunsichert herumstehenden drei kleinen Gesellen geeilt. Das Zwergentrio jubelte auf, Jauchzer ausstoßend: Fledermaus, Fledermaus, die Rache der Fledermaus! Bekannt, bekannt, beliebt!

Schon waren die Rollen verteilt: Goldkurzchen schlüpfte sofort in das herrschaftliche Gewand des Prinzen Orlofsky, stimmte mit knabenhafter Stimme “´s  ist mal bei mir so Sitte“ an und versprach, eine wunderbare neue Kultur zu fördern. Für Silberkernchen war klar, dass ihm die Rolle des unverwüstlichen Eisenstein zustand. Doch nein, nicht Eisenstein, Silberstein nannt er sich nun und zeigt sich von seiner honorigsten Seite. Rumpelstolz rief lautstark aus: „Der Gefängniswärter Frosch, der bin ich!“ Keck nahm er sich gleich eines nicht ihm zugedachten einschmeichelnden Liedchens an: „Spiel ich die Unschuld vom Lande.“

Zufrieden waren nun alle. Sie tollten herum, sangen, trugen überhebliche Sprüche vor und von der Musik des Johann Strauss –wahrlich ein Walzerkönig  – getragen und beseelt, sind sie menschlich gewachsen, sind größer und größer und strammer geworden. Alle drei. Sind bis zur stattlichen Statur eines gestandenen Führers, eines Menschenführers gewachsen. Dornröschen war es nun zufrieden, Wuchs und Glied stimmten nun. Kurz dachte sie nach. Denn klar war, dass sie sich diesem zuwenden müsste, welcher der Ehrenhafteste von ihnen sein könnte. Hat sie gefehlt? Lockend sprach sie: „Goldkurzchen, Du wirst nun mein lieber Gemahl, und dann bist du auch der neue König!“

Und da wurde die Hochzeit von Dornröschen mit dem nun so wunderbar strahlendem Goldkurzchen mit aller Pracht gefeiert. Doch es ist keine Märchenhochzeit geworden. Denn Silberkernchen kam es in den Sinn, gar nicht so ausgefallen: „Negative Campaigning …. das muss doch etwas für sich haben?“ Vergessend, dass Zwerge zu Zwerge stehen müssen. Auch wenn sie so glücklich sind, im Glück baden zu dürfen. Ganz leise zuerst, dann immer lauter und lauter werdend sang er, gar garstig – aus der Rache der Fledermaus ist nun die Rache des Silberstein geworden. Somit ist es so geschehen, wie es immer geschieht und auch immer wieder geschehen wird: Es war einmal, es ging die Sage im Land ….

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