Feuilleton
‚SKENA MUSIKES SERIOZE SHQIPTARE‘ – Die Österreich-Mazedonien-Connection und ein Musikfestival im Land der Skipetaren
Aki Nuredini und Renato Zanella bei der Buchpräsentation in der Oper von Skopje. Credit: Skena Musikes Serioze Shqiptare
Durch das Land der Skipetaren führt ein durchaus musikalischer Pfad. Nun, heute nicht mehr Karl Mays Phantasie-Spuren gefolgt, sondern auf die Klänge von Musikern mit albanischen Wurzeln gehört. Solch eine Künstlerkarriere kann auch in die Wiener Staatsoper führen: Hier zählen Solotänzer Eno Peci und Violonist Shkelzen Doli zu den seriösesten Mitgliedern des Hauses. Skena Musikes Serioze Shqiptare heißt es alljährlich im Frühjahr bei einem Musikfestival in Tetovo, einer überwiegend von Albanern – Shqiptare: so nennen sie sich selbst – bewohnten historischen Stadt in Mazedonien nahe der Hauptstadt Skopje. Musikes Serioze …. dies bedeutet: Konzerte mit klassische Musik, interpretiert überwiegend von albanischen Interpreten – und auch bestens bestückt mit zahlreichen Werken von zeitgenössischen Komponisten.
Das Bedürfnis nach Musik der Klassik kann hier schon sehr ausgeprägt sein. Bleibt aber trotzdem nur peripher in der national stark gemischten Bevölkerung mit Mazedoniern, Albanern, dazu in Minderzahl Türken, Roma, Serben, Bosniaken. Eine neue Konzerthalle, hochelegant gestylt und akustisch perfekt, hat die Philharmonie E Maqedonise – die Mazedonischen Philharmoniker – im vorigen Jahr erhalten. Und höchst ambitioniert ist dieses alljährlich Musikprogramm im Frühjahr, welches Komponist Fatos Lumani – seine neue Oper „Skenderbeg“ (albanischer Freiheitsheld des 15. Jahrhunderts, Kämpfer gegen die Osmanen) wird im Herbst uraufgeführt – für das alljährlich Shqiptare–Festival programmiert. Symphonien von Haydn, Mozart, Schubert, Kammermusik von Beethoven, Brahms, deutsche Romantik, aber auch Novitäten der Reihe nach – interpretiert von überwiegend albanischen Musikern. Doch auch internationale Orchester (heuer: Rheinland Philharmonie, das West Coast Symphony Orchestra aus Vancouver) sind hier zu Gast.
Albaniens Starsopranistin Inva Mula – Erinnerungen an sie in der Wiener Staatsoper: als Traviata, Nedda, Manon war sie zu hören – wurde diesmal im Theater von Tetovo groß in den Mittelpunkt gerückt und gefeiert. Begleitet von Mazedoniens Philharmonikern unter der jungen Dirigiergröße Gridi Kraja aus Tirana sang sie ungemein ausdrucksstark Arien von Verdi, Puccini, Catalani, hingebungsvoll, dabei mit besonders delikatem, fein differenzierenden Vortrag. Sie trug aber aber auch Kompositionen ihres verstorbenen Vaters Avni Mula vor, der als Sängers sehr populär gewesen ist und von albanischer Folklore geprägte feine Lieder schrieb. In Richtung gefühlvoller Operette zielen diese musikalischen Ohrwürmer. Eine Nationalitätenfrage ist auch in dieser Region gegeben, und Beziehungen zur jeweiligen Folklore sind bei beinahe allen künstlerischen Aktiviäten zu spüren.
Theater von Tetovo: Mazedoniens Kulturminister und die Mazedonische Philharmonie im Dienste der Österreich-Mazedonien-Connection. Credit: Skena Muzikes Serioze Shqiptare
Dieses Sinfonia Nuredini–Festkonzert mit Inva Mula ist auch ein Abend zu Ehren des in Mazedonien geborenen Wahlwieners Aki Nuredini gewesen, dem Padrone des Ristorante Sole nahe der Wiener Staatsoper, dem Treffpunkt für Sänger, Musiker, für heimische wie internationale Kulturschaffende. Nuredini ist die Rolle eines vermittelnden Kulturbotschafters gegeben, der durch die Jahre für einen internationalen Austausch kultureller Aktivitäten zahlreiche Akzente zu setzen vermochte. Die vor kurzem in Wien verhandelnden Delegationen von Griechenland und Mazedonien bezüglich des akuten Streites wegen des Namens ‚Mazedonien‘ haben sich höchst friedlich im Sole zusammengesetzt. Gastgeber Nuredini: „Mazedonien ist ein wunderschönes Land, ist ein Garten mit vielen Früchten und vielen Nationalitäten. Deshalb verdient Mazedonien viel Kultur und Unterstützung vom Ausland.“ Die Österreich-Mazedonien-Connection funktioniert: Zum Festival präsentierte Nuredini seine beiden von ihm herausgegebenen Wiener Staatsoper- und Kulturszene-Bücher. Und als zweiter Wahlwiener stand ihm bei der Präsentation Wiens früherer Ballettchef Renato Zanella bei: Er wird kommende Saison an der Oper von Skopje Bizets „Carmen“ inszenieren und einen Ballettabend betreuen.
Meinhard Rüdenauer