Die Wiener Festwochen neu – FEST: eine Fehlplanung in der Bildungspolitik?
FEST – FEST – FEST …. groß und deutlich affichiert in ganz Wien zu sehen. Werbung für die Festwochen ist damit gemeint, für die traditionellen und von der Stadt nach wie vor großzügig subventionierten Wiener Festwochen. Feststimmung ist allerdings seit 11. Mai bis jetzt noch keine aufgekommen: Das ganze Konvolut an kleineren Events mit fast ausschließlich aus dem Ausland engagierten Künstlern und Miniensembles wirkt so ganz an den kulturellen Rand gerückt. Die aus politischen Motivationen angedachte Umstrukturierung der Wiener Festwochen durch Intendant Tomas Zierhofer-Kin und dessen Suche nach einem neuen Publikum – eine absolut wesentliche Aufgabe für jegliche Bildungspolitik, rechts- wie linkspopulistische – bleibt nun auch beim zweiten Anlauf unbefriedigend.
Festlich ist für die Wiener zur Zeit nichts zu erleben. Sound, sehr lauter, die Ohren quälender Sound ist zwar fast immer mit dabei, doch ohne aufbauende festliche Musik muss man hier auskommen. Man kann sich im Theater an der Wien treffen. Dort: im Anspruch etwas gehobener – langatmig etwa Christoph Marthalers „Tiefer Schweb – Ein Auffangbecken“ in dessen nun bereits stark ausgereizter Egghead-Manier. Oder ein Treff in der kleinen Halle des Museumsquartiers: Durchaus unterhaltsam und dabei total schräg ist das Anarcho-Tierpuppen Musical „The 2nd Season“ mit internationalen Wurzeln und Funk-Posaunist Fred Wesley. Bemühte Sozialkritik prägt die meisten dieser Gastspiele wie die kaum beachteten Installationen. Und das Theater Akzent stellt sich so ganz und gar nicht wie ein Festspielhaus vor. Das Publikum ermüdet haben hier das stumme Bewegungsspiel „La Plaza“ von El Conde de Torrefiel oder die Klangcollage und Bunt-Maskerade in „The Virgin Suicides“, einer zähen Produktion der Münchner Kammerspiele.
Und mit seinen ausschließlich in Zeitlupentempo ausgeführten Massen-Beziehungsstudien hat Gisèle Viennes Tanzstück „Crowd“ ermüdet, endlos lang auf nassem erdigen Boden in den alten Gösserhallen in Favoriten vorgeführt. Hier soll jüngeres Publikum seine Feste feiern. Man steht leger herum, kurze Hosen sind im Hitzestau durchaus o.k., trinkt dazu sein Bier, hofft auf geistige Nahrung. Nicht ständig repetierender Computersound diesmal, sondern ausnahmsweise gar Franz Schuberts Liederzyklus „Winterreise“? Gar nicht erbaulich oder vergeistigend, wenn Regisseur Kornél Mondruczó zu „Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus“ oder „Gefrorene Tränen“ Filmeinspielungen von Flüchtlingsströmen, – lagern oder aktuelle deprimierende Momentaufnahmen mit spekulativer Kalkulation vorführen lässt.
Also, abwarten, wie sich dieses umstrittene Wiener Festwochen-Konzept weiter entwickeln kann. Oder vom neuen Bürgermeister unterbunden wird. Nachhaltigkeit scheint ja keine gegeben zu sein. Altbürgermeister Häupl darf man sicher nicht fragen, was ihm von den vorjährigen Festwochen in Erinnerung geblieben sein könnte. Wie es heißt: Er hätte sie geschwänzt.
Meinhard Rüdenauer